Blue Flower

Artikel und Publikationen

 

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Woher weiß ich, was mir gut tut?

 

Gerade in den letzten Wochen habe ich mich vermehrt mit der Frage beschäftigt, was mir gut tut. Zum einen aus der persönlichen Notwendigkeit heraus, zum anderen weil diese Frage auch in meiner Praxis immer wieder vorkommt. Woher weiß ich denn, was mir gut tut? 

Grundsätzlich ist es ein recht einfacher und lapidar dahin gesagter Input einfach zu tun, was gut tut. Problematisch wird es jedoch, wenn nicht gewusst wird was das denn nun sei. Viel zu oft sind wir dermaßen sozialisiert, dass es darum geht Wünsche zu erfüllen, sich anzupassen und außenorientiert zu agieren. Viele Menschen verlieren den Kontakt zur eigenen Befindlichkeit und zum eigenen Spüren, was sich gut anfühlt. Und genau hier ist der Ansatzpunkt um den es geht: über die Fühl- und Spürebene zu sich selber zu finden!

 

Gerade in psychotherapeutischen Herangehensweisen kommt das körperliche Wahrnehmen oftmals zu kurz. Es wird reflektiert: nach vorne, nach hinten, in alle Richtungen um sich womöglich dann doch wieder mit den Gedanken im Kreise zu drehen. So geht es nicht weiter, so stehen wir üblicherweise sogar an. Meine persönliche Erfahrung - beruflich als auch privat - ist es jedoch mit dem eigenen Kontakt aufzunehmen und hinzuspüren, was sich denn nun gut anfühlt und mehr ins Wahrnehmen zu kommen. 

 

Wie macht man das denn nun aber? Grundsätzlich haben wir alle diese Fähigkeit mitbekommen, oftmals aber im Laufe der Zeit abgelegt. Das impliziert aber gleichzeitig, dass wir wieder zurückfinden können zu diesem Spüren. Ein ganz einfacher und leicht umzusetzender Ansatz ist es, immer wieder im Laufe des Tages wahrzunehmen: wie geht es mir gerade? Bin ich müde, bin ich zufrieden, oder bin ich vielleicht einfach genervt? Bin ich körperlich angespannt? Wie verläuft mein Atem? Kann ich spüren, wie ich auf meinem Sessel sitze oder beim Gehen den Kontakt mit dem Boden wahrnehmen?

 

Es sind also die ganz alltäglichen Tätigkeiten, die uns mit uns selber in Kontakt bringen. Heute hat das oft das Etikett der "Achtsamkeit" umgehängt, was aber letztlich nur bedeutet dass unsere Aufmerksamkeit im Jetzt auf das momentane Tun gerichtet sein soll bzw. es hilfreiche wäre dermaßen vorzugehen. Die Begrifflichkeit der Achtsamkeit(spraxis) wird zugegebenermaßen in den letzten Jahren sehr gehypt und oft aus dem Kontext des tatsächlichen Verständnisses herausgespalten. Dennoch ist der Ansatz ein sehr hilfreicher, da wir darüber wieder vermehrt mit uns in Kontakt treten können und das Spüren des eigenen praktizieren und üben können.

Dementsprechend ist das Ziel wohl zu formulieren als "es ist gut zu wissen, womit ich gerade beschäftigt bin". Sei dies im faktischen Tun oder auf der gedanklichen Ebene. Weil gerade auf der Ebene sind wir oftmals fernab unseres tatsächlichen Aufenthaltsortes.

 

Über Beziehungen und (wichtige) Kontakte

 

Mit wem oder womit verbringen wir eigentlich unsere Zeit? Grundsätzlich ist es wohl so, dass der Durchschnittsbürger einer Arbeit nachkommt und somit den Großteil seiner Lebenszeit - zumindest ab einem gewissen Alter - mit Kollegen, Chefs und Kontakten aus der Arbeit verbringt. Je mehr Bedeutung und Gewicht dem Arbeitsfeld zugesprochen wird, umso mehr Fokus bekommt auch dieser Bereich. Forderungen des Arbeitgebers, grundsätzliche gesellschaftspolitische Probleme wie das "gefühlte mögliche Verlieren" des Arbeitsplatzes als auch der persönliche Anspruch an sich selber führen dazu, dass immer mehr Energie in das Arbeitsfeld gesteckt wird und persönliche Beziehungen hintenan gestellt werden. 

Soll das tatsächlich so sein? In der Erforschung von Burn-out-Erkrankungen und Erschöpfungsdepression gibt es vielerorts die Theorie, dass das Hauptproblem weniger in dem Zuviel von Arbeit sondern eher in dem Zuwenig von Beziehung zu suchen und zu finden ist. Tatsächlich ist eine Überbetonung des Arbeitslebens ein wesentlicher Faktor, der dazu führt sich aus persönlichen Beziehungen zurückzuziehen, weniger Zeit und Energie zur Verfügung zu haben, um mit den Menschen zusammen zu kommen, die einem doch viel mehr am Herzen liegen (sollten) als die beruflichen Kontakte. 

Vielerorts ist es gang und gäbe die Betonung auf die Arbeit als Hinweis für die persönliche Bedeutung zu reüssieren. Selbstwert wird vor allem von Männern über ihre berufliche Situation, ihren Status und Vermögen konstatiert. In den letzten Jahren jedoch - auch über die zunehmende Emanzipation der Frau - wird jedoch auch vom weiblichen Geschlecht mehr und mehr Bedeutung in den Bereich des Berufs und der beruflichen Selbstverwirklichung gelegt.  

Der Weg ist jedoch einsam. Berufliche Kontakte gehen oft nicht in die Tiefe. Sie bleiben oberflächlich und berühren nur die Ebene von Kosten-Nutzen-Rechnungen: Gibst du mir so geb ich dir. Absprachen und Handel - ausgesprochen oder unausgesprochen - sind oftmals Grundlage dieser Kontakte und somit bleibt die Begegnung ohne Tiefe. 

Diese Form von Kontakt und Begegnung hat einen wesentlichen Mangel: Ich sehe den anderen in seinem Wesen nicht. Der Mensch möchte wahrgenommen und gesehen werden, um sich in der Begegnung mit anderen selber begegnen zu können. Dies ist ein wesentliches Kernstück der existenzanalytischen psychotherapeutischen Arbeit und Philosophie.  

Aus diesem Grund ist es mir ein wesentliches Anliegen zum einen in meinen privaten und beruflichen Kontakten immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir Menschen dialogisch funktionieren. Oder um es mit Martin Buber zu sagen: "Alles wirkliche Leben ist Begegnung." 

 

ABSCHLUSSARBEIT ZUM PALLIATIVLEHRGANG - 

Trauerprozesse – Leben und Sterben als
Beziehungsthematik


„Was bleibt, ist die Liebe. Da ist ein Land der Lebenden und ein Land der
Toten, und die Brücke zwischen ihnen ist die Liebe – das einzige Bleibende,
der einzige Sinn.“ Thornton Wilder 1897--1975 (aus „Die Brücke von San
Luis Rey“)

Einleitung
Als Psychotherapeutin, die seit etlichen Jahren in der Arbeit des Begleitens
von Angehörigen krebserkrankter Personen tätig ist, ist mir seit geraumer
Zeit die Schwierigkeit in der Trauerbearbeitung aufgefallen, die sich
insbesondere auf die Beziehungsdynamik des aus dem Leben Gehenden
und den verbleibenden Angehörigen bezieht. In meiner Tätigkeit fiel mir
wiederholt auf, dass die Trauer- und Abschiedsprozesse von Betroffenen und
Angehörigen sehr unterschiedlich aussehen und dass sich diese auch
gegenseitig beeinflussen können.

Ich möchte mich in dieser Arbeit vor allem
mit dem spezifischen Kontext von pflegenden Angehörigen
auseinandersetzen, die durch die räumliche und körperliche Nahebeziehung
einen aus meiner Erfahrung erschwerten Abgrenzungs- und
Ablösungsprozess durchlaufen, da sie im häuslichen Umfeld durch die
Überlagerung mehrerer Rollen(bilder) mit verschiedenen Herausforderungen
konfrontiert sind.


Interaktive Aspekte der Trauer aus Perspektive des
Angehörigen

Unser Leben ist geprägt von Wandlung und Veränderung und
dementsprechend sind Trennungen in jeglicher Form Bestandteil unserer
Lebensspanne.
Trauerprozesse sind langwierige durch tiefe seelische Schmerzen geprägte
Phasen, in welchen die Diskrepanz des Beziehungsselbst mit dem
Individuellen Selbst laut Verena Kast offensichtlich wird. Bedingt durch
unseren Wunsch nach Verschmelzung mit einem geliebten Menschen, der
durch Tod oder andere Formen der Trennung von uns geht, folgt ein sehr
tiefgehender und schmerzender Prozess zurück zum Selbst. Wird in
Beziehung erlebt, für ein Gegenüber wertvoll zu sein, so birgt der Prozess
der Trennung ein unmittelbares Erkennen einer Verlusterfahrung. Somit ist
das Trauern ein wesentlicher Aspekt der Abschiedserfahrung von einem
geliebten Menschen und es erzwingt eine Wandlung, die unerwünscht und
ungewollt erscheint.
Um unseren Weg aus der Trauer heraus wieder in ein lebendiges Sein zu
finden, ist es laut Verena Kast notwendig, aus der Ebene des
Beziehungsselbst zum Individuellen Selbst zurückzufinden. Die dafür
grundlegende Frage ist, ob die Identifikation mit dem Außen vordergründiger
präsent ist/war als diejenige mit dem Selbst. Das Sich-Einlassen auf eine
Beziehung und auch das Loslassen eines geliebten Menschen ist ihrer
Meinung nach Grundlage eines erfüllten und lebendigen Seins mit geliebten
Menschen.


Kast hat 4 Phasen der Trauerbewältigung erläutert:
- Die Phase des Nicht-wahrhaben-Wollens,
- Die Phase der aufbrechenden Emotionen,
- Die Phase des Suchens und Scih-Trennens
- Und die Phase des neuen Selbst- und Weltbezugs


Die Diskrepanz zwischen Pflege und in Beziehung sein
Grundsätzlich stellt sich zunächst die Frage, welche Motivation eine
angehörige Person hat, die Pflege eines schwer erkrankten Familienmitglieds
oder Partners zu übernehmen. Vielfach zeigt sich, dass diese Rolle von
Partnerinnen als auch Töchtern oder Schwiegertöchtern getragen wird, als
pflegende Angehörige zu fungieren.
Prinzipiell ist es zu überdenken, ob mit der Pflegeübernahme eine
intrinsische oder extrinsische Motivation zur Geltung kommt: So gibt es
Faktoren wie Dankbarkeit und Liebe als auch Kontaktbedürfnis, aber auch
Pflichtgefühl, Suche nach Selbstbestätigung oder gar die Vermeidung von
Schuldgefühlen, die zur Übernahme einer pflegenden Rolle führen können
(Specht-Tomann, S. 58).
Zusätzlich zur körperlichen Belastung, die mit der Pflege einher geht, kommt
es zu einer Vermischung auf emotionaler Ebene durch die bestehende
Nahebeziehung. (Specht-Tomann, S.84 ff). Um dieser Rolle gerecht werden
zu können, ist ein achtsamer Umgang mit sich selbst und den eigenen
Bedürfnissen unerlässlich. Die Gefahr von Überlastung und Burn-out ist
besonders durch die Vermischung der Rollen als auch die daraus
resultierenden Schwierigkeiten der persönlichen Abgrenzung besonders
problematisch.


Besonderheiten in der Trauerbegleitung im Rahmen von
Pflegesituationen
Das Wesentliche an der häuslichen Pflegesituation ist die Tatsache, dass
sowohl die Pflegenden als auch die Gepflegten Trauerprozesse durchlaufen,
die sich mit verschiedenen Formen von Trauer und Abschiednehmen
beschäftigen (Specht-Tomann, S. 147 ff.). Zentrales Thema dieser
Veränderungen sind hiebei die Vergänglichkeit und das Ende von
Lebensphasen. Specht-Tomann (S. 48) führt an, dass es sich um
verschiedene Arten von Verlusterfahrungen handelt wie beispielsweise die
Auflösung des eigenen Haushalts bzw. den Abschied vom vertrauten Umfeld
oder aber den Tod des langjährigen Lebenspartners. Problematischer
betrachtet sie jedoch eher die fortlaufenden kleinen Verluste, die schleichend
passieren und nicht so offensichtlich erscheinen und wodurch es häufig zu
stetigen Stimmungswechseln bei den Betroffenen kommt. Das ist wiederum
für die pflegenden Angehörigen äußerst schwierig einzuordnen und in
Kombination mit der Differenzierung und Abgrenzung von den eigenen
Trauergefühlen stellt es eine große Herausforderung dar.
Insbesondere der Faktor der persönlichen Betroffenheit der pflegenden
Angehörigen wirkt sich auf den Pflegealltag maßgeblich aus. Die Möglichkeit
der Abgrenzung auf Basis einer professionellen Rolle fällt weg, was durch
den Faktor der 24-Stunden-Verbundenheit auf einer emotionalen Ebene zu
begründen ist.


Specht-Tomann führt an, dass vor allem zu Beginn der Pflegesituation bei
den pflegenden Angehörigen die Phase der Realitätsverweigerung und
Leugnung vordergründig ist (S. 153). Sie beschreibt es als eine Phase, in der
aufgrund von Verzweiflung eine gewisse Starre bei den Pflegepersonen
eintritt. Sie hält es für hilfreich, dem mit einer klaren Strukturierung und
Aufgabenverteilung zu begegnen, um dem Gefühl von Chaos und
Überforderung entgegenzuwirken. Außerdem ist der Kontakt zu externen
Personen und hilfreichen als auch ergänzenden Institutionen hilfreich.
In der darauf folgenden Emotionsphase kommt es zu Gefühlen von Wut und
Zorn, die sich auftun, wenn das ganze Ausmaß der Veränderung realisiert
wird. Die ganze Bandbreite an wütenden und zornigen Gefühlen als auch
Schuldgefühlen bricht über den pflegenden Angehörigen herein. Das
Aussprechen selbiger ist eine überaus notwendige und hilfreiche
Angelegenheit, um Entlastung zu ermöglichen und dem Thema Aggression
in der Betreuung entgegenzuwirken. Hierfür ist es wichtig auf eine
angemessene Psychohygiene zu achten, betont Specht-Tomann (S. 154).
Nach dieser emotional aufwühlenden Phase folgt eine Periode der Schwere
und Traurigkeit. Die Thematik des Sterbens und des nahenden Todes tritt
immer mehr in den Vordergrund und wird unübersehbar. Durch den
zunehmenden körperlichen Abbau und Verfall ist der pflegende Angehörige
unmittelbar damit konfrontiert und sollte sich hinlängliche
Rückzugsmöglichkeiten verschaffen, um sich mit der eigenen Trauer und
Belastung beschäftigen zu können. Auch hier betont Specht-Tomann die
Wichtigkeit eines regelmäßigen Kontakts und Austausches mit
außenstehenden Personen. Sie betont die Notwendigkeit der aktiven
Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen, um sich in der Beziehung
neu auf das Gegenüber ausrichten zu können (S. 155 ff.).


Raum geben, wo eine Lücke bleibt – Trauerbegleitung in
Pflegesituationen im häuslichen Bereich
Sowohl Kast als auch andere Psychologen, die sich mit der Thematik der
Trauerbewältigung beschäftigen, sehen den wesentlichsten Aspekt des
Trauerprozesses in der Ablösung und Loslösung von der verstorbenen
Person an. Kachler jedoch bringt die Idee ein, dass es doch vielmehr darum
geht, zwar auf einer physiologischen Ebene Abschied zu nehmen, jedoch in
Beziehung und Bezug zur verstorbenen Person bleiben zu dürfen und diesen
bleibenden Beziehungswunsch nicht zu negieren sondern diese Sehnsucht
als natürlichen Vorgang des zurückgebliebenen Angehörigen anzunehmen.
Kachler kritisiert, dass Trauernden oftmals vermittelt wird, dass sie lernen
müssten loszulassen und dass ihre Gefühle der Liebe ins Leere gehen
würden und es darum gehe, wieder zu sich selbst zurückzufinden. Durch
wiederkehrende Erinnerungen, gemeinsame Erlebnisse als auch
mitgegebene Inhalte und Ideen bleibt aus seiner Sichtweise die verstorbene
Person faktisch erhalten, obwohl sie körperlich nicht mehr anwesend ist. Es
ist wichtig anzuerkennen, dass es Elemente aus der gelebten Beziehung
gibt, die niemals erlöschen oder in irgendeiner Form vergehen, weil sie
weiterbestehen bleiben, sei es in Erinnerungen oder auch als
weitergegebene Weisheiten oder Lebenshaltungen.


Relocating als Möglichkeit der Integration von Trauer
Onnasch und Gast (S. 88 ff.) halten die Diskrepanz zwischen rationalem
Erkennen des gefühlten Verlustes und dem Bezogensein auf den
Verstorbenen für wesentlich. Es ist aus ihrer Sicht Grund dafür, das
geforderte „Loslassen“ durch ein „Dortlassen“ zu ersetzen, was als relocating
bezeichnet wird. Die verstorbene Person kann somit als innerer Begleiter
etabliert werden, der zwar nicht mehr real lebendig ist, aber jederzeit als
persönliche Instanz verfügbar bleibt. Um im Trauerprozess dort anlangen zu
können, ist die Fähigkeit Kummer wahrzunehmen und zu verbalisieren eine
Voraussetzung.
Dies sind Aspekte, die besonders dann zum Tragen kommen, wenn
Angehörige ihre geliebten Familienmitglieder oder Lebenspartner in ihrem
häuslichen Kontext bis zuletzt begleiten. Sei es, dass es um körperliche
Pflege oder um emotionale oder lebenspraktische Unterstützung geht, so ist
es doch ein Ausdruck einer gelebten Beziehung, sich um den anderen
kümmern zu wollen, Anteil zu nehmen und Unterstützung zu geben. In dem
Moment, wo der letzte Weg im häuslichen Bereich unterstützt und vollendet
wird, bestehen sehr viele Erinnerungen und Verknüpfungen mit dem
Wohnungsort, welche längerfristig bestehen werden. Ein Loslassen im
eigentlichen Sinn ist hier sehr in Frage zu stellen. Es geht vielmehr eher um
eine Integration des Erlebten, des „Vergangenen“ und der Möglichkeit trotz
der nicht mehr faktisch lebbaren Beziehung, dieser die weitere Wirkung
zuzugestehen und sich dieser auch nicht zu entziehen oder gar diese
Beziehung zu leugnen.
Kachler (2012, 33 ff.) führt verschiedene Rituale des Ahnenkultes als
Möglichkeit an, dieser Schwierigkeit zu begegnen und einen „Altar“ oder
andere Formen von Erinnerungsstätten im (gemeinsamen) Haushalt zu
erschaffen und zu würdigen. Dadurch besteht die Möglichkeit die verstorbene
Person präsent zu halten und als weiterhin anwesend erleben zu können:
Die Erinnerung und die bewusste Auseinandersetzung haben einen
konkreten Platz, der eine Würdigung der Bedeutung für das eigene Leben
ausdrücken kann. (vgl. Onnusch/Gast, 2011, 114 ff.) Er betont mehrfach in
seinem Zugang, dass die Toten zu den Lebenden gehören und in diesem
Sinne nicht losgelassen oder negiert werden sollen, sondern weiterhin
Bestandteil des eigenen Lebens sein sollen und somit einen konkreten
kontinuierlich bestehenden Platz in der Familie bzw. in der Beziehung haben
sollen. Insbesondere für Kinder, die mit der Frage aufwarten „Wo ist
Mama/Papa jetzt?“, ist es von großer Bedeutung einen korrespondierenden
Ort in der realen (häuslichen) Umgebung haben zu können, um sich auf den
verstorbenen Elternteil beziehen und in Verbindung bleiben zu können. Es ist
sozusagen ein Ort, an dem die Liebe zum Verstorbenen gepflegt werden
kann, wie dies beispielsweise ein Grab, ein Altar oder Schrein sein kann.

Fazit
Die Orte, zu welchen die angehörige verstorbene Person einen besonderen
Bezug hatte, werden auch im Fortbestand für die Angehörigen bleiben. Das
soll heißen, dass beispielsweise das eigene Zimmer oder aber bevorzugte
Aufenthaltsorte des Verstorbenen zum einen eine schmerzliche Erinnerung
durch das Fehlen und die Abwesenheit auslösen aber auch gleichzeitig als
Ort einer tiefen Verbundenheit und Nähe fungieren können, um in Kontakt zu
bleiben. (Kachler, 2012, 80 ff.) Aus diesem Grund ist es gut, sich mit dem
Ausräumen und Leerräumen von persönlichen Dingen und/oder dem
eigenen Raum der verstorbenen Person genauso viel Zeit zu lassen, wie es
für den persönlichen Prozess notwendig ist.
Das In-Kontakt-Gehen mit eben diesem Zimmer oder auch anderen Orten
kann auch als mögliches Ritual genutzt und erkannt werden, um eben dort
nochmal gezielt und bewusst in dieses Bedürfnis nach Verschmelzung und
Nähe zu gehen, das von einer tiefen Sehnsucht geprägt ist. Es sind die Orte,
die ermöglichen die Beziehung zu der verstorbenen Person bewusst zu
leben, obgleich sie real und faktisch nicht mehr auf dieser Welt anwesend ist.
Kachler (2012, 86 ff.) betont wiederholt das Zusammenspiel von Schmerz
und Trost, das in einem Trauerprozess immer zusammenspielt. Er sieht
Erinnerungen als Möglichkeit des Trosts an.
„Im Erinnerungsraum unserer Seele gibt es eigentlich keine Vergangenheit.
… Was ich mit dir erlebt habe, erlebe ich jetzt noch einmal und es ist mir
ganz gegenwärtig. In der Erinnerung leben wir die Beziehung zu dem
geliebten Menschen. Wir wiederholen sie und vertiefen dabei unsere Liebe
zu ihm.“ (Kachler 2012, 87)

 

Selbstfürsorge - Hilfreiches aus der Buddhistischen Psychologie

 

Wir kennen sie alle, die Zeiten, in denen alles zu viel wird und Krisen und/oder schwierige Ereignisse zusammen treffen und wir uns fragen: Warum geschieht das mir? Was hab ich getan? Wir landen in sinnsuchenden Fragen, wie wir das Erlebte in einem größeren Kontext sehen können. Viele Menschen verlieren den Glauben an Gott oder eine größere Instanz, wenn es kritisch wird oder gar kritisch bleibt.

Prinzipiell ist es so, dass es im Leben nun gute, bessere und weniger gute Zeiten gibt. Zeiten, in denen wir sehr gefordert werden durch Erlebnisse im außen, ermöglichen Prozesse im inneren. Sie dienen der persönlichen Entwicklung und Reifung. Allerdings hat es manchmal den Anschein, dass es zu viel des Guten wird und dafür gibt es einige hilfreiche Hinweise aus der Buddhistischen Psychologie:

1) Leben inkludiert Leiden: Das ist die erste der vier edlen Wahrheiten der buddhistischen Lehre. Anstatt sich nun vollkommen deprimiert aus dem Fenster zu stürzen, ist es notwendig zu erkennen, dass ob wir das nun wollen oder nicht, Leben schwieriges inkludiert. Tod, Krankheit und Trennung sind Bestandteil des Lebens. Je eher man sich damit arrangiert ohne es zu bekämpfen, umso mehr Energie hat man für den Umgang mit der Situation. Ein Verharren oder Bekämpfen von den Rahmenbedingungen unseren menschlichen Daseins ist somit keine "heilsame Handlung", wie es in der buddhistischen Terminologie genannt wird.

2) Alles ist vergänglich: Grundsätzlich ist alles vergänglich, es hat einen Anfang und ein Ende. Das bezieht sich auf Erlebnisse, Kontakte ebenso wie für Emotionen. Krisengeschüttelte Zeiten, die mit schwierigen Emotionen wie Trauer, Verzweiflung und Ohnmacht einher gehen, sind ein Aspekt auf unserer zeitlichen Landkarte. Das Gute daran ist: Das Leben geht weiter und es werden auch wieder andere Zeiten kommen.

3) Die Nicht-Identifikation: Wenn besonders schwierige Gefühle auftauchen, passiert oftmals ein ganz natürliches Sich-Identifizieren mit der Situation oder auch mit den Gefühlen. Es entsteht ein Zustand, in welchem die Trauer, die Wut, die Ohnmacht oder Verzweiflung überhand nimmt. Hier ist es wichtig und notwendig, sich darauf zu besinnen, dass es auch andere Aspekte unseres Seins gibt. Dh ich erkenne, dass es mehr gibt als mich und meine Verzweiflung, Wut oder Traurigkeit. Es gibt andere Teilaspekte meiner Person, die ich in den Fokus rücken kann.

4) Aspekte der Selbstfürsorge: Wenn starke und übermächtige Gefühle auftauchen, ist es eine gute Idee sich um sich selber zu kümmern. Wir können uns die Frage stellen: Wie würde eine Mutter mit ihrem Kind umgehen, wenn es dasselbe erlebt hätte? Was würde ich zu einer Freundin oder einem Freund sagen, wenn er/sie in derselben Situation stecken würde? Es ist oftmals so, dass unsere Fürsorge mit anderen besser und deutlicher ausgeprägt ist als die Zuwendung zu uns selbst. Das ist ein Punkt, an welchem auf jeden Fall angesetzt werden sollte, um besser durch eine schwierige Lebensphase zu gelangen. Selbstfürsorge ist auch prinzipiell eine wichtige Kompetenz, um sich selber an der Hand zu nehmen und gut auf sich zu achten. Je besser wir mit uns selber umgehen, umso besser können wir auch für andere sorgen.

 


 

Krieg im außen und im inneren - auf der Suche nach Frieden

 

Schlagzeilen, Radiosendungen, Postings auf Facebook und viele Diskussionen und Kontroversen über das derzeitige Weltgeschehen sind für den Großteil von uns eine übermäßige Belastung derzeit. Nicht nur die Tatsache, dass wir über die unmittelbare Berichterstattung und das Sehen der Bilder und Videos Sekundärtraumatisierungen erleiden. Reißerische Meldungen oder plakative Darstellungen sollen jedenfalls eine Reaktion bei uns hervorrufen. Es ist zutiefst menschlich, darauf zu reagieren und emotionale Reaktionen zu haben. Dennoch ist es für viele von uns eine Ausnahmesituation. Es wird versucht Erklärungen und Schuldige zu finden: auf der einen Seite gibt es die Politiker, es gibt die in die Kriegssituation involvierten Lager und es gibt jede Menge Vorurteile und mentale Konstrukte, mit welchen wir versuchen Sicherheit und Halt zu finden. 

Erklärungen zu suchen und zu finden ist eine zutiefst menschliche Strategie, die dazu dienen soll eine Lösung für eine emotional bedrohliche Situation zu finden. Tatsächlich sind es jedoch auch die mentalen Konstrukte, die Ängste verstärken und die Ausweglosigkeit vergrößern. Auf gut deutsch: Zu viel Denken macht krank! 

In unserer westlichen Gesellschaft wird zum einen der mentalen Fähigkeit, Intelligenz, Wissen und Leistung übermäßig viel Bedeutung beigemessen. Jedoch stellt sich die Frage, was nützt einem diese Fähigkeit, wenn man sich seines Lebens nicht mehr sicher fühlt, Menschen verloren hat oder einfach bei dem Anblick all des Leids traurig, erschüttert, verzweifelt oder wütend ist? Sie nützt in diesem Moment wenig, da es primär darum geht, die eigene Emotionalität anzuerkennen. Dafür braucht es nicht viele Erklärungen oder Strategien, auch der Intelligenzquotient ist dafür nicht ausschlaggebend, ob das gelingt oder nicht. Die wesentlichste Tätigkeit dafür ist Mitgefühl. 

Mitgefühl ist eine Qualität, die nicht bedeutet mitzuleiden oder sich in irgendwelchen Gefühlen zu baden oder sich im Drama zu inszenieren. Das Mit-Fühlen ist vielmehr eine Fähigkeit einem Gefühl Raum zu geben, das eine andere Person oder auch man selber - das Selbst-Mitgefühl - hat. Im Mitgefühl geht es nicht darum mit jemand anderem zu leiden oder sich im eigenen Leid zu suhlen sondern mit dem Gefühl der Traurigkeit, Betroffenheit, Ohnmacht oder was sonst da ist, in Kontakt zu gehen und es einfach da sein zu lassen. Das Gefühl, das gerade spürbar ist, hat einen Grund hier zu sein, es hat seine Berechtigung und es möchte gefühlt werden. Es bringt uns in Kontakt mit uns selbst als auch mit dem anderen. Es ermöglicht es uns Barrieren erst gar nicht entstehen zu lassen oder aber diese langsam und stetig abzubauen. Es ist eine Möglichkeit sich selber wieder besser zu spüren und dem eigenen mehr Raum zu geben. Und es verdeutlicht die Idee Bubers, dass das Ich am Du zum Ich wird. 

 


 

Wenn der Körper seltsame Dinge tut - in Vertrauen mit dem Leben kommen

 

Zugegebenermaßen hätte ich mir oft gewünscht einen anderen Körper zu haben. Damit meine ich keinen schöneren Körper mit ein wenig mehr dort oder ein bisschen mehr da, sondern einen Körper, der berechenbarer ist. Ein Körper, der eindeutiger zu antizipieren ist. Ein Körper, der "normal" funktioniert. Aber wie es so schön heißt: Das Leben ist kein Wunschkonzert und so bekommt wohl jeder das, was er oder sie für bestimmte Erfahrungen braucht. Bei mir war es wohl so, dass ich schon früh begann mich mit psychosomatischen Erkrankungen auseinanderzusetzen.

So begann ich schon früh mich im Zuge einer schweren Endometriose-Erkrankung mich über die Dynamik von Schmerz und Krankheit auseinanderzusetzen und Wege fernab der Schulmedizin zu finden, die mir gut tun und mir weiterhelfen. Dadurch kam ich in Kontakt mit Shiatsu als Klientin. Bedingt durch meine angeborene Neugier und Interesse hab ich mich verstärkt damit auseinander gesetzt, was denn das ist und warum es vor allem hilft. Letztlich hab ich mich dazu entschlossen genau diese Ausbildung zu machen, um auch anderen Menschen zu zeigen, wobei es helfen kann.

Jahre später sah ich mich mit Beeinträchtigungen im Bereich der Atmung konfrontiert. Ich bekam keine Luft oder wenig Luft und hatte immer wieder "Hyperventilationsanfälle", bei denen mir vom Arzt einfach nur Psychopax zur Beruhigung verschrieben wurde. Wohl wissend was das ist und dass ich das sicher nicht zu mir nehmen wollte, kam ich der Sache auf die Spur und letztlich zu der Diagnose: Hyperreagibilität der Bronchien, Asthma. Eine Diagnose ist zwar eine Klärung zur Situation, aber in Wahrheit hilft es auch nur bedingt in einen Umgang zu kommen. Somit war ich schon bald Methoden wie Yoga und Vipassana-Meditation auf der Spur. Es war eine Möglichkeit im Jetzt mit dem in Kontakt zu treten, was da ist. Trotz und mit den Einschränkungen meines Körpers und was ihn ausmacht - da gibt es ja auch noch Hüftdysplasien, diverse Verletzungen an Gelenken etc. - habe ich trotz allem immer wieder versucht in Kontakt mit dem zu sein, was jetzt ist.

Unangenehmes anzunehmen ist immer schwierig, vor allem wenn es vom eigenen Körper ausgeht. Letztlich dem eigenen Körper Vertrauen zu schenken, dass er das für ihn Möglichste tut, mein Leben zu erhalten und darauf zu vertrauen, dass es ein guter Körper ist, weil er mich schon viele Jahre begleitet hat auf meinem Weg. Die Füße, die mich schon an verschiedenste Orte getragen haben, die Augen, die schon so vieles gesehen und betrachtet haben, die Ohren, die schon so viele Geräusche, Wörter und Töne gehört haben. All das sind Teilaspekte meines Körpers. Dennoch ist die Auseinandersetzung mit einem Körper, der "nicht so funktioniert" wie man es sich vorstellt eine große Herausforderung. Wenn es weh tut, sich dem Schmerz zu stellen. Wenn existentiell notwendige Organe beeinträchtigt sind und es nicht mehr leicht möglich ist ein- und auszuatmen oder aber auch, wenn das Herz seinen eigenen Rhythmus schlägt, der anders ist als bei anderen und einfach mal so variiert.

Ich sehe mich als Expertin in einem Bereich, der mich seit vielen Jahren begleitet und dennoch stehe ich derzeit an einem Punkt, der mich besonders herausfordert: Wie kann ich einem Körper vertrauen, einem Herz vertrauen, das auf Situationen übermäßig reagiert, die ganz normaler Alltag sind? Wie ist es möglich mit einer Erkrankung umzugehen, die einem die eigene Beschränktheit vermittelt? Die einem aufzeigt, dass es eigentlich jederzeit auch schon wieder vorbei sein kann? Wie macht man das? 

Die Antwort auf die Frage der Fragen: Wie schaffe ich mich dem Leben anzuvertrauen? Das Leben ist gefährlich, man könnte dabei sterben... Basierend auf dieser Grundlage ist es immer hilfreich sich im Jetzt bewusst zu werden, was da ist und sich an dem zu erfreuen und dankbar zu sein, was man hat. Es könnte auch im nächsten Moment weg sein, genommen, verloren oder kaputt sein. Das Leben ist dadurch gekennzeichnet, dass es ständig in Veränderung ist und jeden Moment etwas zu Ende geht und gleichzeitig etwas Neues beginnen kann. 


Die SES-Methode: Work in progress...

 

SES-Methode? Schon wieder so eine neue Methode, die einem etwas verspricht und nichts hält? Was soll das denn sein? SES hat für mich eine doppelte Bedeutung, so steht es zum einen für meine Initialen und zum anderen für meine beruflichen Standbeine: Ich arbeite auf der somatischen Ebene mit Shiatsu aber auch psychotherapeutisch mit KlientInnen, die körperliche Themen und Erkrankungen haben. Sie sind teilweise mit Krebserkrankungen, chronischen Schmerzen, Essstörungen oder auch Stresssymptomen befasst, die sich auf der Körperebene zeigen. Allerdings ist alles, was unseren Körper anbelangt nicht von unserer Psyche zu trennen. Wir sind emotionale Wesen, die Erlebtes und Wahrgenommenes verarbeiten und somit auch unmittelbar mit Emotionen verbunden sind. Gefühltes wird zu Bewegendem. E-movere bedeutet letztlich aus sich heraus bewegen. Diese Tatsache finde ich sehr wesentlich und auch für unsere ganzheitliche Gesundheit von fundamentaler Bedeutung. Unser Körper zeigt uns, was er aus sich herausbewegen will, wir haben einzig die Aufgabe darauf zu achten und zuzuhören und diese Impulse zuzulassen.

 

Und was hat es nun mit diesem energetischen Firlefanz zu tun? Zugegebenermaßen ist die Energetik und die Psychotherapie wohl schwierig zusammenzubringen. Dennoch habe ich im Laufe der letzten Jahre versucht eine für mich geeignete Form zu finden, beides in meiner Praxis zusammenzuführen bzw. in einer Art und Weise zu praktizieren, die für mich stimmig ist. Letztlich habe ich den Energetiker-Gewerbeschein zurückgelegt und mich nur auf die Shiatsu-Arbeit neben der psychotherapeutischen Praxis fokussiert. Dennoch lässt sich die energetische Ebene nicht von der Körperebene oder auch der psychotherapeutischen Zugangsweise trennen. Für mich jedenfalls nicht! Unser Körper ist Energie. Wir wissen, dass wir mittels EEG und EKG Strom- und Spannungswellen in unserem Körper messen können. Das ist nachweisbar und die Schulmedizin bezieht sich darauf. Wir wissen, dass es einen Hautwiderstand gibt, der sich bei Stress und Spannung erhöht. Es ist also nicht zu leugnen, dass der Mensch pure und reine Energie ist. Dieses energetische Feld bezieht sich auf alles was in unserem Körper ist und strahlt auch nach außen ab. Auf dieser Annahme beruht meine Arbeit.

Mein Anliegen ist es mit dieser Methode eine größere Leserschaft zu erreichen, die sich darüber freuen möchte, dass der Körper an sich das gesamte Potential zur Gesundung letztlich in sich trägt: die körperliche Intelligenz vermag es letztlich uns zu vermitteln, was wir für Bedürfnisse haben und wie wir sie zu stillen haben. Seien es Bedürfnisse nach Nahrung, Schlaf, Ruhe oder Bewegung. Unser Körper hat auch eine unmittelbare Idee, wie er mit Emotionen umgehen mag: Er will sie nämlich aus sich heraus bewegen. Diese Erkenntnisse und Beobachtungen haben mich im Laufe meiner beruflichen Praxis zum Experimentieren auf verschiedenen Ebenen geführt. Durch Trance- und Hypnosetechniken habe ich zum einen auf einer sehr unmittelbaren Ebene KlientInnen in einen Kontakt zu ihren Körperemotionen geführt. Durch traumatherapeutische Methoden habe ich zum anderen über Auslöser oder Trigger bestimmte Prozesse im Körper angeregt und durch meditative und achtsamkeitsspezifische Methoden habe ich zum einen selbst als auch mittels Anleitung bei Klienten einen sanfteren Zugang voller Selbstmitgefühl und Wärme angeregt.

Somit erklärt sich auch die Methode SES: Es geht mir darum, Körper, Emotionen und Energetik im Sinne eines schwingenden Feldes, das uns ausmacht in eine Synthese zu bringen. Weil letztlich sind wir das alles und wenn wir diese Faktoren zusammenbringen und integrieren, können wir Gesundheit fördern und Prozesse in Gang bringen, die zu einer Gesundung führen können.

 

Warum Angst uns in unseren Handlungsmöglichkeiten einschränkt

 

Angst in ihrer Psychodynamik ist darauf ausgerichtet eine Verengung des persönlichen Fokus zu erzielen, was zum einen durch die Erhöhung körperlicher Parameter wie Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Körperspannung etc. bewirkt wird. Zum anderen ist die Verengung des Fokus auch im Sinne einer Fokussierung auf das Selbst zu sehen: Der Mensch in seiner Angst reduziert seine Möglichkeiten im Rahmen von Abwehrstrategien darauf zu überleben. Dies macht er üblicherweise auf 3 verschiedene Arten: Kampf, Flucht oder Totstellen. 

In dem Moment, in welchem eine Person damit beschäftigt ist ein Gegenüber zu bekämpfen, kann sie noch selbstwirksam sein und sich für sich selbst einsetzen. Wenn die Lebensumstände oder auch die körperlichen Faktoren dazu nicht (mehr)gegeben sind, besteht die Möglichkeit der Flucht. Auch dafür muss der Körper alle seine persönlichen Ressourcen zur Verfügung stellen. Ist der Mensch jedoch nicht mehr in der Lage zu kämpfen oder zu fliehen, bleibt ihm nur noch die Möglichkeit sich tot zu stellen. Auch der Totstellreflex ist darauf ausgerichtet das eigene Leben zu erhalten. 

Je größer nun die persönlich erlebte Angst ist, desto massiver die körperlichen Reaktionen. Das Stammhirn, welches der älteste Teil unseres Gehirns ist, ist sozusagen zur Arterhaltung ausgerichtet. Dieses System findet sich auch bei Tieren. Hat eine Person nun einen übergroßen Stress oder zu hohe Aktivität in diesem Hirnareal funktionieren die Verschaltungen zu den restlichen Hirnarealen nur eingeschränkt oder gar nicht. Ist der Präfrontalcortex, der dafür benötigt wird sensorisch zu integrieren, Bewertungen und rationale Rückschlüsse zu ziehen, nun jedoch aufgrund einer übergroßen Angst nicht aktiviert bzw. "verschalten", kommt es zu ganz basalen "Ausfällen" oder Einschränkungen der Handlungsmöglichkeiten. 

Bei Personen, die über einen längeren Zeitraum geängstigt, beeinträchtigt oder anderweitig traumatisiert werden, kommt es zu Einschränkungen dieser Verknüpfungen und Verschaltungen. Verschiedene Methoden aus dem Bereich der Traumatherapie sind darauf ausgerichtet, neues Erleben zu integrieren, das sich üblicherweise im Bereich der Integration von Ressourcen und vor allem auch in der stabilisierenden therapeutischen Beziehung findet.

Somit ist es zum einen Aufgabe des Psychotherapeuten Ressourcen zu aktivieren, um Angstmuster zu unterbrechen und neue Erfahrungen zu integrieren bzw. positive Erfahrungen in angstbesetzte Situationen zu integrieren und dort neu zu vernetzen. Dafür ist vor allem die Methode des EMDR geeignet. Auch Methoden aus dem Bereich Brainspotting arbeitet auf der Ebene der Aktivierung bestehender Verschaltung, um diese "anzutriggern" und entschärfen zu können. Die wesentlichste Aufgabe kommt jedoch der Person des Psychotherapeuten zu, der durch seine Haltung und wohlwollendes Zugewandtsein dem Klienten eine Atmosphäre des Schutzes und des Haltes zur Verfügung stellt, damit dieser einen Platz zum Da-Sein findet. Eine vertrauensvolle Verbindung ist somit in jeglicher Bearbeitung von Angst und Trauma die basalste und notwendigste Grundstruktur.