Blue Flower

Mit wem oder womit verbringen wir eigentlich unsere Zeit? Grundsätzlich ist es wohl so, dass der Durchschnittsbürger einer Arbeit nachkommt und somit den Großteil seiner Lebenszeit - zumindest ab einem gewissen Alter - mit Kollegen, Chefs und Kontakten aus der Arbeit verbringt. Je mehr Bedeutung und Gewicht dem Arbeitsfeld zugesprochen wird, umso mehr Fokus bekommt auch dieser Bereich. Forderungen des Arbeitgebers, grundsätzliche gesellschaftspolitische Probleme wie das "gefühlte mögliche Verlieren" des Arbeitsplatzes als auch der persönliche Anspruch an sich selber führen dazu, dass immer mehr Energie in das Arbeitsfeld gesteckt wird und persönliche Beziehungen hintenan gestellt werden.

Soll das tatsächlich so sein? In der Erforschung von Burn-out-Erkrankungen und Erschöpfungsdepression gibt es vielerorts die Theorie, dass das Hauptproblem weniger in dem Zuviel von Arbeit sondern eher in dem Zuwenig von Beziehung zu suchen und zu finden ist. Tatsächlich ist eine Überbetonung des Arbeitslebens ein wesentlicher Faktor, der dazu führt sich aus persönlichen Beziehungen zurückzuziehen, weniger Zeit und Energie zur Verfügung zu haben, um mit den Menschen zusammen zu kommen, die einem doch viel mehr am Herzen liegen (sollten) als die beruflichen Kontakte.

Vielerorts ist es gang und gäbe die Betonung auf die Arbeit als Hinweis für die persönliche Bedeutung zu reüssieren. Selbstwert wird vor allem von Männern über ihre berufliche Situation, ihren Status und Vermögen konstatiert. In den letzten Jahren jedoch - auch über die zunehmende Emanzipation der Frau - wird jedoch auch vom weiblichen Geschlecht mehr und mehr Bedeutung in den Bereich des Berufs und der beruflichen Selbstverwirklichung gelegt. 

Der Weg ist jedoch einsam. Berufliche Kontakte gehen oft nicht in die Tiefe. Sie bleiben oberflächlich und berühren nur die Ebene von Kosten-Nutzen-Rechnungen: Gibst du mir so geb ich dir. Absprachen und Handel - ausgesprochen oder unausgesprochen - sind oftmals Grundlage dieser Kontakte und somit bleibt die Begegnung ohne Tiefe. 

Diese Form von Kontakt und Begegnung hat einen wesentlichen Mangel: Ich sehe den anderen in seinem Wesen nicht. Der Mensch möchte wahrgenommen und gesehen werden, um sich in der Begegnung mit anderen selber begegnen zu können. Dies ist ein wesentliches Kernstück der existenzanalytischen psychotherapeutischen Arbeit und Philosophie. 

Aus diesem Grund ist es mir ein wesentliches Anliegen zum einen in meinen privaten und beruflichen Kontakten immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir Menschen dialogisch funktionieren. Oder um es mit Martin Buber zu sagen: "Alles wirkliche Leben ist Begegnung."